Wie Ende und Anfang sein können!
So gehe und komme ich…..
Ich stehe am Fuße eines Berges und mir wird klar…er ist sooo hoch!
Ich schaue mich um und erkenne keinen Weg, über den ich hinauf kommen kann.
Also wandere ich weiter um den Berg herum…immer wieder nach oben schauend.
Nichts weiter als dieser eine Gedanke quält mich, wie komme ich dort hinauf?
Ich will die Sonne berühren, denn tief in mir weiß ich, dass das dort möglich ist.
Nach der dritten Umrundung des Berges, wage ich den Start…ich renne meinem Ziel blindlinks entgegen und komme recht schnell zum Stoppen.
Riesige Felsbrocken machen ein Weiterkommen unmöglich. Sie sind zu glatt, um hinauf zu klettern. Es sind zu viele um darum herum zu gehen. Es scheint als seien sie ein Schutzwall, der die Bergesspitze beschützt.
Es gibt kein Durchkommen.
Erschöpft und betrübt setze ich mich auf den Boden. Ich will dort unbedingt hinauf!
Doch WIE !!!!!!! Schreit es aus mir heraus. Der Schrei schallt durch die karge Landschaft und endet in einem tiefen Donnergrollen. Dunkle Wolken ziehen auf.
Auch das noch, ein Gewitter zieht herauf.
Ich verkrieche mich in eine kleine Höhle, die nicht mehr als ein Unterstand ist. Ganz langsam beginnen die Regentropfen zu plätschern. Es werden immer mehr, bis schließlich die gesamte Landschaft in Wasser versinkt.
Ich kaure auf dem Boden. Meine Füße sind bereits klitschnass….
Ich werde hier ertrinken, schießt es durch meinen Kopf. Warum bin ich nur hierher gelaufen? Warum nur wollte ich diesen beschissenen Berg hinaufsteigen, wie ein Größenwahnsinniger?!
Vor meinem Geist sehe ich all die Menschen, die ich liebe…und verabschiede mich von ihnen.
Ich sehe all die Menschen, deren Begegnung dazu geführt hat, das ich hier sitze…und verabschiede mich von ihnen.
Ich sehe all die Situationen, die ich durchlebt habe…und verabschiede mich von ihnen.
Eine tiefe Traurigkeit erfüllt mich und ich kann nicht anders, als meine Tränen mit einem tiefen Schluchzen fließen zu lassen.
Sie verbinden sich mit dem riesigen Wasserstrom, den der Himmel auf die Erde gebracht hat.
Ich begebe mich in den Strom und lasse mich treiben…ich kann kaum etwas anderes wahrnehmen, als diese Traurigkeit.
Ich sinke…ich sinke zum Grund.
Immernoch in tiefe Trauer gehüllt, lasse ich mich fallen und alles was mein Leben bestimmt hat, vergehn.
Eine Stimme flüstert mir sanft ins Ohr…“Lass dich fallen mein Freund…“ Ich schaue nicht auf, sondern lasse jede Faser meines Körpers weinen. Ich bin Träne, ich bin nichts als Traurigkeit in ihrer Tiefe und Schönheit. Ich traure bis in die letzte Pore, bis in die letzte Zelle meines Körpers.
Nun ist alles still. Ich bin still. Das Wasser, was eben noch tosend in meinen Ohren dröhnte, verstummt. Ich spüre, wie sich mein Körper langsam vom Boden abhebt.
Langsam und zögerlich, dann immer energischer beginne ich zu schwimmen. Ich bewege mich dem Sonnenlicht, welches durch die Wasseroberfläche scheint, entgegen.
Ich will wieder atmen, frische Luft in meinen Lungen spüren. Endlich, endlich, als meine Lunge fast zu platzen scheint, erreiche ich die Oberfläche. Ich atme tief auf, schnappe nach Luft und blinzle der Sonne entgegen. Der reißende Strom ist zu einem See geworden. Mich erfüllt so eine tiefe Freude, wie ich sie selbst noch nie gespürt habe. Ich fühle mich selig.
Nach einer Weile schaue ich mich um. Nicht weit von mir, erkenne ich das Ufer. Langsam und ruhig bewege ich mich auf das Land zu. Eigentlich möchte ich noch in dieser tiefen Freude und Gerührtheit bleiben, doch ich spüre meine Erschöpfung.
Meine Glieder sind so schwach, dass ich mich nur mühsam ans Ufer retten kann. Hier verlassen mich alle meine Kräfte. Ich breche zusammen und schlafe ein.
Nach einer Zeit, die ich nicht bemessen kann, flüstert mir abermals die sanfte Stimme ins Ohr: „Steh auf mein Freund, steh nun wieder auf…“ Mühsam öffne ich meine Augen. Mein Körper schmerzt und mein Kopf ist leer.
Die Sonne scheint wieder hell am Himmel und kitzelt mich sanft. Wo bin ich? Schießt es mir durch den Kopf.
Die Stimme antwortet: „du bist da, wo du hin wolltest. Du bist am Anfang und am Ende.“
Ich richte mich langsam auf. Der See, der mich verschlang ist kleiner geworden. Ich liege nicht mehr an dessen Ufer. Ich schaue nocheinmal auf ihn zurück. Das Wasser ist nun still und wird immer weniger. Ich winke ihm nocheinmal mit einem Gruß nach und drehe mich um…
WOW!!! Die Sonne scheint mir genau ins Gesicht.
Ich erschrecke förmlich…Was ist das?
Um mich herum gibt es keine Höhe mehr. Ich bin auf dem Gipfel des Berges…Ja tatsächlich! Ich bin auf dem Gipfel!!!!
Ich kann es kaum fassen. Ich stehe auf und strecke meine Arme aus. Ich lasse die Sonne in meinen Körper und tanze im funkelnden Sonnenlicht. Ich nehme die Strahlen auf, hülle mich in ihnen ein und bin ganz vom ihm erfüllt.
Wie lange ich diesen Tanz vollzog, weiß ich nicht mehr…irgendwann sank ich wieder zu Boden. Ich schloss meine Augen und atmete ruhig. Die sanfte Stimme flüsterte mir erneut ins Ohr:
„Nun hast du mit der Sonne getanzt. Ihre Strahlen werden dich von nun an auf deinem Weg begleiten. Du hast all deine alten Muster losgelassen. Du hast sie beweint und darum getrauert. Nur so konnte das Licht in dir scheinen.“
„Warum bin ich nicht gestorben?“, fragten meine Gedanken die liebliche Stimme.
Diese antwortete schmunzelnd: „Du warst es selbst, der den See erschaffen hat. Du warst selbst der Berg und deine Ängste bildeten die Felsbrocken, die dich nicht auf den Gipfel klettern ließen. Schließlich warst auch du die Sonne, mit der du getanzt hast.
Du wirst nun deinen Weg weiter gehen. Deine Schritte werden andere sein, und es werden dir neue Begleiter begegnen.
Eines Tages wirst du wieder vor dem Berg stehen. Entweder willst du ihn erklimmen, oder der Berg will, dass du hinaufsteigst. Ganz egal, du wirst keine Wahl haben. Er steht am Anfang und am Ende.
Mein Freund, denke immer daran, dass du selbst bestimmst wie hoch der Berg ist, wie tief der See wird und wie grölend das Donnern, dass am Himmel ertönt.
und nun geh…und steh vertrauensvoll im Wald.“ :-)
Alles Liebe wünscht dir Ilka!