Gericht untersagt Brennelement-Export nach Belgien – Richtungsweisender Erfolg für Anti-Atom-Bündnis

umweltMünchen, 19.10.2020: Im Rechtsstreit um die Ausfuhrgenehmigung von Brennelementen aus Lingen ins belgische Doel hat der Aachener Kläger einen wichtigen Etappensieg errungen: Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat in einem Beschluss vom Freitag festgestellt, dass bis zum endgültigen Urteil im Hauptverfahren die Brennelemente nicht geliefert werden dürfen. In seiner Begründung lässt das Gericht Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Exportgenehmigung erkennen. Das Anti-Atom-Bündnis, welches die Klage unterstützt, fordert von der Bundesregierung klare Konsequenzen und ein Moratorium für derartige Brennelement-Exporte.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat in seinem Beschluss vom letzten Freitag den für Oktober und November beantragten Sofortvollzug für einen Brennelement-Export zu den umstrittenen Pannenmeilern Doel 1 und 2 in Belgien einen Riegel vorgeschoben. Durch die aufschiebende Wirkung der Klage eines Aachener Atomkraftgegners gegen die Genehmigung der Exporte dürfen die Brennelemente seit Monaten nicht geliefert werden. Die EdF-Tochter ANF, die Betreiberin der Brennelement-Fabrik in Lingen, hatte mit zwei Eilanträgen versucht, diese aufschiebende Wirkung durch ein Gericht aufheben zu lassen und die sofortige Vollziehbarkeit des Brennelement-Exports durchzusetzen. Damit ist sie nun auf ganzer Linie gescheitert.

Für den Aachener Kläger ist das ein bedeutender Etappensieg. Die ihn vertretende Rechtsanwältin, Dr. Cornelia Ziehm, zeigt sich äußerst zufrieden: "Das VG Frankfurt/Main hat die Anträge der Advanced Nuclear Fuels GmbH im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf ganzer Linie zurückgewiesen. Das Gericht erachtet es als durchaus möglich, dass betroffene Bürger und Bürgerinnen die Rechtmäßigkeit atomrechtlicher Exportgenehmigungen zur Überprüfung stellen können. Zudem nimmt das Gericht ein überwiegendes Schutzinteresse des klagenden Aacheners an, weshalb durch Export der Brennelemente nach Doel keine Fakten geschaffen werden dürften. Das heißt, die ANF darf zunächst keine Brennelemente nach Doel exportieren. Der Beschluss ist damit ein wichtiger Schritt hin zu einem Schutz der Bürger und Bürgerinnen gegen die Gefahren, die mittels Brennelementen aus Deutschland vom Betrieb ausländischer Pannenreaktoren ausgehen."
Ob die Klage im Hauptsacheverfahren überwiegende Aussicht auf Erfolg hat, lässt das Gericht offen. Es sieht jedoch einige Gründe, die für die Zulässigkeit und Begründetheit und damit den letztlichen Erfolg der Klage sprechen. Das Gericht zieht u.a. in Zweifel, dass die Ausfuhrgenehmigung rechtmäßig erteilt wurde. Das die Klage unterstützende Bündnis, bestehend aus Anti-Atom-Initiativen aus Aachen, Bonn, Münster und Lingen sowie der Ärzteorganisation IPPNW und dem Umweltinstitut München, fordert deshalb von der Bundesregierung ein sofortiges Moratorium für alle Brennelement-Exporte, insbesondere für solche zu grenznahen Atomreaktoren.

"Spätestens jetzt, da von einem Gericht die Rechtmäßigkeit dieser Brennelement-Exporte in Frage gestellt wird, ist jede weitere Ausfuhrgenehmigung für Kernbrennstoffe ins grenznahe Ausland nicht nur verantwortungslos und politisch skandalös, sondern auch juristisch heikel," betont Alexander Vent vom Lingener Bündnis AgiEL."Die Bundesregierung muss diese Exporte endlich und mit sofortiger Wirkung stoppen". "Mag sein, dass das BMU in den letzten Jahren einiges versucht hat, um innerhalb der Koalition einen Stopp der Brennelement-Exporte zu erreichen. Nur das Naheliegende wurde nicht getan, nämlich das BAFA anzuweisen, solche Ausfuhrgenehmigungen zu verweigern. An dieser Stelle muss das BMU nun endlich die Verantwortung übernehmen," ergänzt Katrin Wolfarth vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie. "Und das BMWi muss endlich seine Blockadehaltung aufgeben, mit der bisher alles verhindert wurde, was einen Stopp der Brennelementlieferungen hätte herbeiführen können."

Hintergrund
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ist generell eine dem Bundswirtschaftsministerium (BMWi) nachgeordnete Behörde. Im Falle der Ausfuhrgenehmigungen von Kernbrennstoffen ist jedoch das Bundesumweltministerium (BMU) weisungsbefugt. Allerdings hat es keine Möglichkeit, die Weisungen dienstrechtlich durchzusetzen, falls das BAFA sich weigert und das BMWi untätig bleibt. Der Betrieb von Doel 1 und 2 ist nach Urteilen des EuGH und des belgischen Verfassungsgerichtshofs wegen einer fehlenden grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeits-prüfung rechtswidrig, wird aber bis Ende 2022 gerichtlich noch geduldet. Die bundesweit einzige Brennelementefabrik steht in Lingen und wird von Framatome, einer Tochter des staatlich-französischen Atomkonzerns EDF betrieben, vor Ort auch als ANF (Advanced Nuclear Fuels) bekannt. Die Brennelementefabrik verfügt bislang trotz des beschlossenen deutschen Atomausstiegs über kein Stilllegungsdatum und versorgt neben den letzten noch laufenden deutschen AKW vor allem die Reaktoren Doel in Belgien, Cattenom in Frankreich sowie Leibstadt und Gösgen in der Schweiz. Aktuell regt sich auch in Baden-Württemberg juristischer Widerspruch gegen eine im September erteilte neue Exportgenehmigung für Brennelemente von Lingen für das Schweizer AKW Leibstadt.

Das Bündnis besteht aus:
• Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie
• Stop Tihange Deutschland e. V.
• Bündnis AgiEL – AtomkraftgegnerInnen im Emsland
• AntiAtom Bonn
• Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
• SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster
• IPPNW (Internationale Ärzte zur Verhütung eines Atomkriegs / Ärzte in sozialer Verantwortung)
• Umweltinstitut München

Quelle: www.umweltinstitut.org

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku

Neues Rechtsgutachten bestätigt:


Umweltinstitut LogoMünchen/Hamburg, 12. Juni 2024. Die Netzbetreiber können die Umstellung der Gasnetze auf Wasserstoff noch nicht verlässlich zusichern. Daher können Kommunen bei ihrer Wärmeplanung auch nicht von einer Versorgung von Haushalten und anderen Kleinver...


weiterlesen...

Energie aus Weinbau-Biomasse - TH Köln


Bild Thomas MockenhauptBei der Weinherstellung fallen Reststoffe wie Trester – der feste bis breiartige Rückstand nach dem Pressen der Trauben – und Rebholz nach dem Schneiden der Reben an. Diese bleiben bislang weitgehend ungenutzt. Wie die Biomasse verwertet werden kö...


weiterlesen...

Host City Köln überträgt letzten


stadt Koeln LogoSpiele werden an unterschiedlichen Orten des EURO 2024 Festivals gezeigt

Die Gruppenphase der UEFA EURO 2024 in Deutschland geht in den letzten Spieltag. Viele Begegnungen finden zeitgleich statt. Anbei finden Sie eine Ãœbersicht, welche Spiele wo ...


weiterlesen...

Ticketverkauf gestartet: Viel Neues


gamescon Heart of GamingMehr Themenvielfalt, ein neuer Veranstaltungsort und eine noch bessere Vernetzung der Gäste: Mit zahlreichen Neuerungen präsentiert sich der gamescom congress am 22. August 2024 in Köln. Während auf der gamescom die neuesten Spiele im Mittelpunkt ...


weiterlesen...

Erstmals Jazz 'n' Brunch im Wiessgarten


240618 Jazz im Wiessgarten MaybachKöln, 18. Juni 2024 – In Zusammenarbeit mit der Kölner Hochschule für Musik und Tanz gibt es erstmals einen Jazzbrunch im Wiessgarten des Maybachs. Am 23. Juni spielt das Merle Böwering Trio.

Schon mit 17 Jahren nahm die talentierte Musikerin am K...


weiterlesen...

Keiserliches Gaffel! Kölner


240624 Keiserliches Gaffel Eis mit Dose Foto Keiserlich honorarfreiKöln, 24. Juni 2024 – „Köbes, ein Keiserliches Gaffel bitte!“ Diese Bestellung wird demnächst im Gaffel am Dom zu hören sein. Denn die Kölner Eismanufaktur Keiserlich bietet ein Milcheis mit Gaffel Kölsch als Hauptzutat an.

Das Gaffel Eis besteht ...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.