Rückkehr zur Gasheizung? Umweltinstitut kritisiert Heizungsverband
München, 10. Juli 2025. Die Tageszeitung Die Welt berichtete am Mittwoch über ein Strategiepapier des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), das unter anderem die Abschaffung der 65-Prozent-Regel im Gebäudeenergiegesetz fordert – und damit den Weg für noch mehr neue Gasheizungen freimachen will. Das Umweltinstitut warnt: Wer heute noch auf fossile Technik setzt, verzögert den Ausstieg aus Erdgas, gefährdet Klimaziele – und schickt Haushalte in die Kostenfalle.
Till Irmisch, Referent für Energie und Klima am Umweltinstitut, fordert Pflichtbewusstsein vom Handwerk:
„Dass sich ZVSHK-Chef Andreas Müller nicht zu schade ist, Öl- oder Gasbrennwertheizungen als Beitrag zu einer „nachhaltigen CO₂-Vermeidung“ zu bezeichnen zeugt von völliger Ignoranz gegenüber der Klimakrise und den Entwicklungen am Wärmemarkt. Jede neu eingebaute Gastherme befeuert die schon heute die globale Erwärmung. Die Versorgung von privaten Gasanschlüssen mit Wasserstoff oder Biogas ist eine realitätsferne Illusion. Wer jetzt noch in diese veraltete Technik investiert, wird außerdem in eine Kostenfalle gelockt. Denn immer mehr Haushalte wechseln zu klimafreundlichen Wärmepumpen – die Versorgung über das Gasnetz wird für die verbleibenden Nutzer:innen daher richtig teuer.
Der Ausstieg aus dem Heizen mit Gas gelingt nur, wenn er vorausschauend geplant und nicht durch den Einbau neuer Gasheizungen künstlich in die Länge gezogen wird. In skandinavischen Ländern sind klimafreundliche Wärmepumpen seit Jahren Standard. Auch in der Schweiz hat der Austausch alter Gasheizungen längst begonnen. Warum sollte das nicht auch in Deutschland gehen? Wer das Handwerk zukunftsfähig machen will, sollte sich für Schulungen, ausreichende Fördermittel und effiziente Modernisierung einsetzen – nicht auf die Technik von gestern.“
Hintergrund: Rückzug aus der Gasversorgung rückt näher
Im Zuge der kommunalen Wärmeplanung stehen Stadtwerke und Kommunen bundesweit vor der Aufgabe, den Ausstieg aus der Nutzung von klimaschädlichem Erdgas zu organisieren und auf erneuerbare Heizsysteme umzusteigen. Dabei wird ein erheblicher Teil der heutigen Gasverteilnetze perspektivisch nicht mehr benötigt. Immer mehr Städte kündigen daher bereits heute den schrittweisen Rückzug aus der Gasversorgung an. Die EU verpflichtet Deutschland mit der 2024 verabschiedeten Gasbinnenmarktrichtlinie zur Schaffung eines klaren gesetzlichen Rahmens für diesen Übergang. Die Umsetzung muss bis spätestens August 2026 erfolgen. Um Planungssicherheit für Bürger:innen und Kommunen zu gewährleisten, ist zeitnahes Handeln von Ministerin Katherina Reiche nötig. Das Umweltinstitut München fordert unter anderem eine verpflichtende Stilllegungsplanung durch alle Gasnetzbetreiber, eine frühzeitige Ankündigungspflicht zur Vermeidung von Fehlinvestitionen sowie eine sinnvolle Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung. Zudem sollten faire Vorlaufzeiten von mindestens drei Jahren sichergestellt werden.
Ausführliche Informationen zum Thema Gasnetzstilllegung sind auf der Website des Umweltinstituts zu finden, hier das Diskussionspapier zur Umsetzung der EU-Gasbinnenmarkt-Richtlinie
Quelle: www.umweltinstitut.org