Ich bins dein Nachbar…Gabi Hilche
Die Kölnerin Gabi Hilche kam im März 2010 nach Mülheim, weil sie hier das La Liberté - Café et Restaurant in der Adamstraße eröffnete. Genauso freundlich, bunt und lebensfroh, wie das Ambiente, ist sie selbst. Nach Frankreich und jahrelangem Begleiten von Musikern auf Tour, hat sie sich nun in Mülheim nieder gelassen. Freiheit und Offenheit sind zwei Wesenseigenschaften, die Gabi Hilche besonders auszeichnen. So möchte das La Liberté eine andere Gastronomie, als es die Norm ist, sein. Wir haben Gabi Hilche getroffen und sie zu dem Café & Restaurant und ihrer Lebenseinstellung befragt.
Kurz gesagt:
Ein guter Tag beginnt für mich wenn…ich in Ruhe meinen Kaffee trinken kann.
Ich komme ursprünglich aus…Köln.
Ich bin nach Mülheim gekommen, weil…es sich so ergeben hat.
Mein liebster Fleck Mülheim ist…am Rheinufer
Drei Worte, die meinen Charakter beschreiben…energisch, durchsetzungsstark, chaotisch
Ich mag gern… Naturgeräusche.
Ich mag nicht gern…laute Autos, Flugzeuge, LKW`s
Auf eine einsame Insel nehme ich mit…etwas zum angeln, ansonsten findet man immer irgendwas, woraus man was machen kann.
Dieses Erlebnis vergesse ich nie…unvergleichlich waren die Geburten meiner Söhne.
Als Kind wollte ich…Tänzerin werden.
Glück bedeutet…frei zu leben.
Durch das Café und Restaurant La Liberté, welches du mit deinem Sohn zusammen führst, bist du nun ein Teil von Mülheim. Ist dies das erste Mal, dass du hier bist?
Ich wohne schon länger rechtsrheinisch, weil ich es hier etwas ruhiger und grüner finde. Als ich in dem Café angefangen habe, wurde mir bewusst, dass ich in meiner Kindheit oft in Mülheim, durch meine Familie, war. Außerdem habe ich als Teenager auf der Berliner Straße ehrenamtlich gearbeitet.
Wie gefällt es dir hier?
Mülheim ist für mich vom Lebensgefühl her, ähnlich wie Ehrenfeld. Dort habe ich meine Teenagerzeit verbracht.
Mir gefällt das Multikulturelle Leben. Ich mag im Allgemeinen Viertel, die einen großen Ausländeranteil haben, durch ihre bunte Mischung. Hier habe ich mehr Nähe zum wahren Leben. Ich bin in der Wirklichkeit.
Du bist noch nicht so lange hier, aber gibt es etwas, was dir an Mülheim nicht gefällt?
Was mir spontan auffällt ist, dass es etwas sauberer sein könnte. Das ist eine typisch deutsche Antwort (lacht). Ich meine damit, wenn jeder sein Papier in der Tasche behält und es am nächsten Mülleimer oder zu Hause entsorgt, wäre schon viel für die Sauberkeit getan. Jeder kann ja selbst ein bisschen dazu beitragen, dass seine Umwelt schöner aussieht.
Du bist seit deiner Jugend sozial engagiert. So hast du mit fünfzehn bereits deine erste Mädchengruppe bei den Quäkern geführt. Worauf legst du dein Augenmerk?
Da ich noch nicht so lange in Mülheim bin, kann ich nicht viel darüber sagen, wie die politische Situation hier ist. Wichtig finde ich, dass etwas für Jugendliche und Kinder getan wird. Ich meine damit, dass sie nicht auf der Straße gelassen und sich selbst überlassen werden, sondern dass es Jugend- und Kulturzentren oder Initiativen gibt, die die Kids einbinden. Um sie müssen wir uns kümmern, denn sie kommen und gestalten nach uns die Dinge. Dabei möchte ich gern Jung und Alt näher zusammen zu bringen.
Dein Sohn und du kommt aus dem Bereich Küche und Catering. Wie ist konkret die Idee zum eurem Laden entstanden?
Wir haben beide bereits in diesem Bereich gearbeitet. Die Idee kam, da wir in den letzten zwei Jahren auf dem Weihnachtsmarktschiff bereits gemeinsam ein kleines Nostalgiekaffee geführt haben. Dabei stellten wir fest, dass uns das richtig Spaß macht. Zusätzlich wollte ich selber mehr gestalten und unabhängig von einem Arbeitgeber oder einem Tourplan sein.
Du bist also froh deinen eignen Laden zu haben?
Ja. Hier bin ich zwar an einen Ort und durch amtliche Vorgaben gebunden. Aber schlussendlich ist das hier mein Laden. Wenn ich die Wände Grün, Lila, Pink streichen will, dann kann ich das tun. Ich kann die Gerichte selbst zusammenstellen und die Gastronomie so führen, wie ich das möchte. Das war mir wichtig um mehr Eigenständigkeit zu bekommen und kreativ arbeiten zu können.
Wie bist du auf den Namen La Liberté gekommen?
Es ist die Freiheit. Mülheim war ja früher komplett eigenständig. Hier herrschte ein freier Handelsweg. Das heißt, die Händler sind mit ihren Waren nach Köln gekommen und mussten diese drei Tage lang dort anbieten. Hier in Mülheim war es so, dass sie die freie Wahl hatten durch zu ziehen oder zu handeln. Der französische Name kommt aus dem Zusammenhang, dass wir lange Zeit in Frankreich gelebt haben und Napoleon hier war. Zudem möchte ich den Bereich Patisserie weiter ausbauen.
Das La Liberté ist eine Kombination. Zum einen ist es ein Café, in dem ihr selbstgebackenen und Konditoreikuchen anbietet. Diesen kann man auch auf Bestellung für Feiertage oder Feste für zu Hause bestellen. Zum anderen bietet ihr als Restaurant von Mittag bis Abend warme Küche an. Auf welche Aspekte legt ihr besonderen Wert?
Wir achten sehr auf Qualität, Verarbeitung und Frische der Lebensmittel, die wir verwenden. Wir benutzen keine Fertigprodukte, so wird die Gemüsebrühe, genauso wie die Kuchen von uns komplett selbst hergestellt. Auf Wunsch bekommen Gäste Laktosefreie Gerichte – bei Kuchen auf Vorbestellung. Es ist mir sehr wichtig gute Lebensmittel, die weitgehend frei von Konservierungsstoffen sind, zu verarbeiten. Außerdem bieten wir köstlichen Italienischen Kaffee an.
Welche Küche kann man bei euch erwarten?
Wir haben eine wechselnde Wochenkarte, so dass es keine festen Gerichte gibt. Unserer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Das Spektrum reicht von mediterraner, manchmal exotischer bis hin zu gut bürgerlicher Küche. Sonntags bieten wir bis 15.00 Uhr Brunch an und zum Mittagstisch gibt es den guten alten Sonntagsbraten. Bei den Preisen achten wir darauf, dass wir komplette Gerichte auch für den kleinen Geldbeutel anbieten. So erstrecken sich die Preise für ein warmes Gericht etwa von 4,50 bis 14,- €.
Du sagst, es sei wichtig, dass Menschen erst einmal miteinander reden bevor sie einander einordnen. Das verhindert, dass man sie sofort in Schubladen packt und der andere keine Chance hat, als Person wahrgenommen zu werden. Möchtest du dass sich unterschiedliche Menschen hier begegnen?
Ja. Mein Wunsch wäre, wenn bspw. zwei jungen tätowierte Männer hier sitzen und eine ältere Frau setzt sich zu ihnen und fragt: „Hör ma, wat hast du denn da?“ schon reden sie miteinander und verlieren die Angst voreinander. Besonders am Herzen liegt mir dabei das Zusammenbringen von Jung und Alt. In Frankreich ist das anders, dort ist die Gesellschaft gemischter. In Deutschland möchte jeder lieber unter sich bleiben und das schadet uns allen. Wir können gegenseitig voneinander lernen und uns helfen.
Ihr seid also nicht nur bei dem Angebot, sondern auch als Lokalität sehr variabel. So habt ihr eine Kinderspielecke, das Lokal ist sehr weitläufig und trotzdem gemütlich, die Wände sind mit Kunstwerken bestückt. Welches Publikum möchtet ihr ansprechen?
Der Name sagt eigentlich schon. La Liberté die Freiheit. Es ist mir ein Anliegen eine Atmosphäre zu schaffen wo sich Alt und Jung, Arm und Reich u.s.w. begegnen können. Hier ist jeder willkommen. Wir sind ein Nichtrauchercafé. So können Eltern in Ruhe ihren Kaffee trinken, während die Kinder spielen. Man kann hier bis abends klassisch Essen gehen, Kuchen schlemmen oder ein Bierchen trinken und verweilen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Spielgruppen sich hier treffen, sowie Künstler, Kreative und Manager gleichermaßen.
Hast du spezielle Projekte, die du in der Lokalität durchführst?
Wir veranstalten hier Lesungen und Ausstellungen. Auch hier bin ich in meiner Kreativität unbegrenzt. Gern möchte ich mich in den Stadtteil integrieren und an Straßenfesten, Aktionen und Veranstaltungen, wie es mir mit meinen Mitteln möglich ist, beteiligen.
Wenn du die Macht hättest die Welt nach deinen Wünschen zu gestalten, wie sähe sie aus?
Sie wäre bunt. Leiser. Freundlich. Ohne Gewalt. Ohne Krieg. Ohne Atomkraft….Es ist schwierig es jedem gerecht zu machen. Das kann man leider nicht.
Auf jeden Fall wäre es gut, wenn der Mensch nicht permanent schuften muss, um die Miete zu bezahlen, die Heizkostenabrechnung u.u.u, sondern dass man ein normales Auskommen hat. Im Allgemeinen würde ich wohl schauen, dass ein kleines Stückchen mehr Lebensqualität für jeden möglich wäre.
Konkret würde ich dazu Betriebe menschenfreundlicher gestalten.
Das ist ein schöner Ansatz, wie meinst du das?
Chefs müssten sich um ihre Mitarbeiter kümmern. Denn je besser es dem Mitarbeiter geht, umso besser geht es dem Unternehmen. So würde ich Arbeitszeiten mehr dem natürlichen Rhythmus der Menschen anpassen und das Arbeitsumfeld angenehmer gestalten. Als Beispiel, würde ich für Ruheräume, viel natürliches Licht und frische Luft, sowie für die Möglichkeit, sich Essen von zu Hause aufwärmen zu können, sorgen. Es würde viel passieren wenn das Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem besseren Verhältnis stünde. Man würde gut gelaunt zur Arbeit gehen, und gut gelaunt von der Arbeit nach Hause kommen. Das setzt sich im Privatleben weiter fort.
Politisch würde ich dafür sorgen, dass alle Politiker ausgetauscht werden und verantwortungsbewusste Menschen diese Macht bekämen.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass meine Familie und ich gesund bleiben. Ich wünsche mir dass der Laden gut läuft, wir uns hier integrieren können und dass ich sozial wirken kann.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Ilka Baum
Interview in PDF in den Mülheimer Stimmen: Ich bins dein Nachbar...Gabi Hilche
Panoramaansicht: La Liberté - Café et Restaurant
La Liberté
Café et Restaurant
Inh. Gabi Hilche
Adamstr. 3
51063 Köln-Mülheim
Tel.: 0221-627665
www.la-liberte.de
info@la-liberte.de
Öffnungszeiten: Mo – Fr. 7.30 – 18.00 Uhr | So. 11.00 – 17.00 Uhr | Sa. Ruhetag
Bei Veranstaltungen abends geöffnet
Das Interview erscheint in der Print-Ausgabe der Mülheimer Stimmen. Ausg. 169 Mai/Juni 2010