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Interview mit Petra Sauter

petra_sauterDie gelernte Industriekauffrau Petra Sauter stammt aus Schwäbisch- Gmünd. Vor siebzehn Jahren ist sie mit ihrem Mann nach Mülheim gezogen. Sie steht mitten im Leben und engagiert sich seit vielen Jahren leidenschaftlich politisch und sozial u. a. im Frauenverband Courage. Sie tritt für eine Gesellschaft ein, die sich an den Bedürfnissen der ganz normalen Menschen orientiert.
Wir haben Petra getroffen und ihr ein paar Fragen gestellt.

Hallo Petra, Du kommst aus dem schönen Schwabenland. Was hat Dich dazu bewogen nach Mülheim zu ziehen?
Schwäbisch-Gmünd ist sehr schön, aber eher eine Kleinstadt. Dagegen hat mich die Großstadt schon immer gereizt. Ich war bereits einige Male in Köln und es hat mir sehr gefallen. Die Leute, die ich hier kannte und auch das kulturelle Leben und die Vielfalt der Menschen hat mich sehr angesprochen. Es hatte sich dann beruflich so ergeben, dass wir wirklich hier Fuß fassen konnten. Wir hatten Bekannte in Mülheim, somit sind wir in dieses Viertel gezogen und geblieben. Der Rhein ist toll und ich lebe immer noch sehr gern hier.

Das ist schön. Wie gefällt Dir unser Veedel?
Ich finde es schön, dass hier viele Kulturen zusammenleben und ich fühle mich wohl. Was mir nicht gefällt - das ist eher auf die gesamte Stadt bezogen - ist, dass mehr für die normale Bevölkerung getan werden müsste. Es sollte eben nicht nur auf Prestigeobjekte geachtet werden, sondern an die Menschen, die hier leben, gedacht werden. Darum habe ich mich sehr über den neuen Spielplatz am Rhein gefreut. Außerdem finde ich gut, dass der Stadtgarten wieder so schön hergerichtet wird. Aber wenn ich mir den Wiener Platz anschaue, dann bin ich sehr enttäuscht. Es tut mir wirklich in der Seele weh. Menschen, die hier wohnen, hätten mit Sicherheit mehr daraus gemacht. Schön wäre ein Straßenkaffee als Treffpunkt für die Menschen gewesen. Auch hätte man ein paar Bäume pflanzen können und vieles mehr. Als die Bauarbeiten begonnen, hatte ich so die Hoffnung, dass ein schöner Platz entsteht. Das ist wirklich schade.

Du bist sehr aktiv. Neben lesen, joggen, gut kochen und gut essen, engagierst Du Dich stark politisch und sozial. Was treibt Dich an? Warum machst du das?
Ich tue das seit meiner Jugend. Für mich ist der Mensch das Wichtigste. Ich habe die Sehnsucht nach einer Gesellschaft, in der die Bedürfnisse des Menschen im Mittelpunkt stehen. Ich bin tolerant erzogen. Daher hat mich Zeit meines Lebens diese Ungerechtigkeit in der Welt aufgeregt. Einfach ausgedrückt der Unterschied zwischen Arm und Reich hat mich schon immer gestört. Ich habe die Vorstellung, dass die Menschen in Freiheit und gleichberechtigt leben müssen.

Im Laufe der Zeit wurde mir klar, dass man nur etwas erreichen kann, wenn sich die einfachen Menschen zusammenschließen und gemeinsam etwas machen. Wenn man selbst aktiv wird. Sicher ist das nicht einfach. Doch meine Erfahrung ist, dass die Menschen selber wissen, wie sie leben wollen. Ich denke das Ungleichgewicht kann man nicht einfach nur abwählen und durch die bestehenden Konventionen beseitigen. Man sieht es an der Finanzkrise. Da steckt so viel Macht dahinter. Ich glaube man braucht eine große weltweite Bewegung. Es ist so wichtig, dass sich die Menschen weiter verbinden und vernetzen. Aus diesem Grund bin ich im Frauenverband Courage aktiv.

Du gehörst Courage seit Mitte der neunziger Jahre an. Was ist das Besondere an diesem Frauenverband?
Der Frauenverband Courage wurde 1991 gegründet. Mir gefällt daran sehr, dass er überparteilich ist. Da kann praktisch jeder mitmachen (ausgenommen Faschisten oder religiös fanatische und fundamentalistische Frauen). Es ist eine große Vielfalt von Menschen aus allen möglichen Richtungen der Gesellschaft, ganz egal wie sie leben und was sie tun. Diese Frauen wollen gemeinsam was gestalten und verändern. Das hat mich begeistert. Es ist ein moderner Frauenverein, der die Männer nicht verteufelt. Männer und Frauen sind gleichberechtigt die Säulen der menschlichen Gesellschaft. Daher wollen wir die Welt für die Familie und die Gesellschaft aus der Sichtweise der Frauen aktiv beeinflussen. Es gibt einfach Probleme, die explizit Frauen betreffen. Allein das ganze Thema Schwangerschaft.

Außerdem sind wir unabhängig. Man muss hier selbst was machen, ohne sich von Politikern oder den Entscheidungen anderer abhängig zu machen. Missstände anprangern kann man immer schnell, doch wir wollen etwas bewegen. Wir wollen alle Altersgruppen ansprechen. Junge und auch Alte. Kurz gesagt, es ist einfach ein Zusammenschluss von Frauen aller Schichten, die sich den Problemen auf der
weiblichen Seite der Gesellschaft widmen, für ihre Belange eintreten und ihnen eine Stimme geben.

Wie bringst Du Dich persönlich bei Courage ein?
Ich bin im Ortsvorstand. Das heißt ich koordiniere die Arbeit und bin Kontaktperson, für Leute die sich an uns wenden. Zusätzlich bin ich noch auf zentraler Ebene in dem Finanzteam. Courage ist ja ein bundesweiter Verband, daher gibt es verschiedene Teams, die sich um spezielle Aufgaben kümmern. Wir sind natürlich für die Kassenführung verantwortlich. Wir finanzieren uns selbst, also aus Spenden
und Mitgliedsbeiträgen, wobei eine Spende niemals Einfluss auf unsere Aktivitäten hat. Diese Unabhängigkeit müssen wir wahren. Weil die Erfahrung zeigt, finanzielle Abhängigkeit beeinflusst immer das was du machst. Also schaut man, was können wir für Aktionen machen und wie kriegen wir diese finanziert. Wir haben verschiedene Aktivitäten wie Flohmärkte oder man schaut ob einige Aktionen gefördert werden u.v.m.

Courage tritt für eine befreite Gesellschaft, ohne Unterdrückung und Unrecht ein. Ihr stellt Euch gegen Hartz IV und fordert einen Mindeststundenlohn von 10 €. Im Herbst wurde der 8. Frauenpolitsche Ratschlag in Düsseldorf abgehalten und im Anschluss ein nationales und internationales Vorbereitungstreffen für die Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen 2011 in Venezuela veranstaltet. Kannst Du uns Deine Eindrücke schildern?
Der Frauenpolitische Ratschlag, der dieses Mal unter dem Motto stand „Solidarisch, streitbar, selbstbewusst – Frauen und Mädchen weltweit im Aufbruch“, wird alle zwei Jahre abgehalten.
Dieses Mal kamen 2000 Mädchen und Frauen aus Deutschland und aus der ganzen Welt zusammen, um Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Es hat mich sehr gefreut, dass wir Kölnerinnen zwei Frauen aus Ecuador beherbergen konnten. Die Gespräche waren sehr aufrüttelnd und bereichernd für mich. Als besonders toll empfand ich, dass die bolivianische Bergarbeiterfrau Domitilia Barrios de Chungara („Wenn man mir erlaubt zu sprechen“) hierher gereist ist, um am Frauenpolitischen Ratschlag und an dem Vorbereitungstreffen zur Weltfrauenkonferenz teilzunehmen.

Diese Frauen kämpfen so lange gegen alle Wiederstände an. Sie halten an ihren Idealen fest und lassen sich auch durch Gewalt nicht entmutigen. Sie verzweifeln nicht, sind menschlich, ja sogar lustig. Das finde ich bewundernswert.
Während des Vorbereitungstreffens zur Weltfrauenkonferenz haben wir eine Resolution verabschiedet und uns auf folgende Ziele geeinigt:
1. Frauen aus aller Welt zu versammeln, um über den Kampf für die wirkliche Befreiung der Frauen zu diskutieren.
2. Austausch von Erfahrungen, Zusammenarbeit und Förderung von gemeinsamen Solidaritätsaktionen.
3. Schaffung eines Systems des Informationsaustausches zur besseren Kommunikation und Koordinierung.
4. Wir streben an, in Verbindung mit der Weltfrauenkonferenz die kämpferische Frauenmassenbewegung in jedem unserer Länder nachhaltig zu stärken.
Nun werden wir aktiv, um diese Ziele zu verwirklichen. Es ist toll. Ein weltweites Zusammentreffen von einfachen Frauen, die etwas verändern wollen. Ich freue mich sehr darüber.

Was machen die Frauen von Courage am 8. März, dem internationalen Frauentag?
Wir organisieren immer diverse Veranstaltungen und Aktionen. Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März 2009 plant der Frauenverband Courage einen Info-Stand am Samstag, den 7. März, ab 11 Uhr am Wallraffplatz (nähe Dom) in Köln durchzuführen.

Wenn sich jemand für Euch interessiert, kann er sich dann also an Dich wenden?
Ja genau. Meine E-Mail lautet PuM.Sauter@online.de und meine Telefonnummer: 0221 - 6201744
viele Informationen gibts auch auf www.fvcourage.de oder Sie schauen einfach bei einem Treffen herein.

Diese finden jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat, um 19.30 Uhr im Caritas-Haus, in der Bertramstraße 12-22, in Köln Kalk statt.

Interessierte Frauen sind jederzeit herzlich willkommen.

Wenn Du plötzlich die Macht hättest, allein etwas zu verändern in dieser Welt, was würdest Du tun?
"Leben wie ein Baum
einzeln und frei
und brüderlich
wie ein Wald
das ist unsere Sehnsucht."
Nazim Hikmet (Türkischer Dichter und Revolutionär)


...das bringt es am ehesten auf den Punkt. Eine Gesellschaft, in der dies möglich ist, möchte ich gern schaffen.
Ich finde die sozialistischen Ideen immer noch treffend. Sicher nicht, wie das in der DDR gemacht wurde. Aber die Gedanken von Marx und Engels bestätigen sich heute mehr denn je. Natürlich muss man schauen, wie diese auf die heutige Zeit anwendbar sind. Aber sie sind für mich vom Grundsatz her richtig. Man muss einfach aus der Geschichte lernen.

Und was wünschst Du Dir persönlich für die Zukunft?
Ich möchte gern zur „Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen“ 2011 in Venezuela. Hoffentlich kann ich auch die ecuadorianischen Frauen besuchen, die wir kennen gelernt haben. Außerdem hoffe ich, dass die Welt nicht an Profit- oder Machtgier zu Grunde geht.
Vielen Dank für das nette Gespräch!

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