……Es war mal wieder Zeit mich nach einem neuen Oberteil umzusehen. Zunächst noch recht vergnügt, machte ich mich entspannt auf die Jagd. In einigen Läden schaute ich mich um und nach einer Weile, hatte ich einige Oberteile ausgewählt, die ich anprobieren wollte. Nie zuvor hatte ich die Umkleidekabinen dieses Geschäfts betreten. Ein winziger Verschlag mit kaltem Licht, einem hohen Spiegel und so wenig Platz, dass ich mich kaum umdrehen konnte. Als ich das erste Teil anprobierte, sah ich mich im Spiegel an und fragte mich: „Wer ist das denn? Lügen meine eigenen Spiegel derart oder suchen die Einrichter solcher Kabinen extra Spiegel, die extrem hässlich machen?“ Auch erschien es mir, dass der Spiegel den gesammelten Selbsthass und die kritischen Blicke der anderen Kundinnen zurückwarf. Unglaublich. Mir fiel auf, dass an der Seite viele Kleidungsstücke gehängt waren, die scheinbar nicht gefielen. Kein Wunder bei diesem Frust-Spiegel. Mir war die Kauflaune vergangen. Zügig zog ich mir meine eigenen Klamotten wieder an und ging selbstbewusst und hocherhobenen Hauptes aus dem Geschäft. „Wenn die zu blöd sind, ihre Kundinnen bei Laune zu halten, haben sie mein Geld nicht verdient“, dachte ich. Wehmütig erinnerte ich mich an eine Shopping-Tour in New York: Zuvorkommende Beratung und großzügige Umkleidekabinen sind dort Standard. Auch als ich viele Kleidungsstücke anprobierte, und keines davon kaufte, waren die Verkäuferinnen freundlich. Wo gibt es das denn bei uns?
Regina Nußbaum
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