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Interview mit Matthias Marienfeld

matthias_marienfeldWenn man in Mülheim an ein Kinder- und Jugendzentrum denkt, fällt einem sofort der Don – Bosco – Club in der Tiefentalstraße ein. Mit einer Vielzahl von Projekten und Aktionen bekommen unsere Kids die Möglichkeit aktiv an unserem Viertel teilzunehmen und mit zu gestalten. Bei uns leben Familien aus der gesamten Welt. Das bringt viele Vorteile, aber auch Probleme mit sich, die an den Jungen Leuten nicht vorbei gehen. Nein sie stecken mittendrin. Daher ist es um so wichtiger, dass es engagierte Menschen gibt, die einen Ort gestalten, der sich eben diesen widmet. Wie andere Zentren auch, ist dieses ungemein wichtig für Mülheim und die Menschen, die hier leben.
Matthias Marienfeld ist nicht mehr wegzudenken, aus der Kinder- und Jugendarbeit in unserem Viertel. Bezeichnend für ihn ist wohl die ausgeprägte Gelassenheit, mit der er sein immenses Arbeitspensum bewältigt. Der ehemalige Ordensmann lebt seit vielen Jahren mit seiner Familie in Köln. Wir haben den engagierten Menschen getroffen und mit ihm gesprochen.

Hallo Matthias, du kommst ursprünglich aus Berlin. Als Ordensman (Mönch) des Ordens Salesianer warst du bereits 1987 – 1989 Leiter des Don- Bosco- Clubs. Nun lebst du mit deiner Familie hier und hast ebenfalls den gleichen Job inne. Was ist passiert?
Richtig ich konnte die zölibatäre Lebensweise nicht mehr leben, da ich mich unsterblich in eine Mitarbeiterin des Don-Bosco-Clubs verliebt habe. Sie ist jetzt meine liebe Frau und die Mutter unserer beider Jungs. Da konnte ich meine alte Position so nicht mehr vertreten. Über Trier bin ich wieder zurück nach Berlin gegangen. Dadurch war ich genau zur Wendezeit in dieser Stadt. Als die Mauer viel, war das gerade für einen Berliner wirklich irre. So etwas erlebt man einmal in 3000 Jahren. Meine Frau ist Rheinländerin, so kam es, dass ich zurück nach Köln ging. Hier wurde ich gefragt, ob ich wieder die Leitung des Don – Bosco – Club übernehmen wolle. Da sagte ich zu und arbeite seitdem eben nicht mehr als Ordensmann, sondern als Angestellter hier.

Also hat dich Mülheim wieder zurückgeholt. Wie gefällt es dir hier zu leben?
Damals als Mönch, lebte ich in einem Kloster in der Rixdorfer Straße, auf der Rückseite des Don-Bosco-Club. Nun wohne ich mit meiner Familie in Dellbrück. Doch ich verbringe den größten Teil meiner Wachzeit hier in Mülheim. Es hat immer noch seine Reize für mich. Ich kenne über die Jahre sehr viele Menschen, die hier leben. Ich kenne die Ecken und sehe unwahrscheinlich viele Typen. Es gibt wenige Orte, wo sich so viele lustige und schräge, aber natürlich auch traurige Typen finden. Das macht so einen Stadtteil dann auch aus. Eine ganze Menge, läuft hier recht unkompliziert ab. Es gibt Netzwerke und man kann gut mit den Menschen zusammen arbeiten. Das macht uns in Mülheim auch recht stark, so dass wir hier viel auf die Beine stellen können, trotz Kürzungen und Nackenschlägen, die man öfter erlebt.

Deine Arbeit ist zeitintensiv und oft anstrengend. Allein die Arbeitszeiten sind nicht sehr familienfreundlich. Was motiviert dich in der Kinder- und Jugendarbeit tätig zu sein?
Hier ist einfach der Bedarf da. Die Leute wohnen dicht aufeinander. Oft gibt es viele Menschen, die unterschiedliche Sorgen haben. Das finde ich sehr befriedigend mich hier einbringen zu können. Ich hatte zum Beispiel das Glück in einer Familie groß zu werden, wo die Eltern zusammen sind und ich eine sehr schöne Kindheit und Jugend erleben
durfte. Dies möchte ich weitergeben. Außerdem habe ich das christliche Menschenbild, was auch noch eine Kraftquelle für mich ist. Ich habe die Denkweise „Gott ist für alle da“, nicht nur für die Reichen und die die was in der Birne haben. Dadurch kann man Engpässe in der eigenen Zeitressource oder, wenn man tagelang nur Chaos- stories von Familien und einzelnen Personen hört, ganz gut aushalten. Natürlich ist auch meine Familie eine große Stütze für mich. Das ist schon toll, wenn man jemanden hat, der das ganze mit mir zusammen aushält.

Du sagst, ihr versucht eine Oase zu sein. Was meinst du damit? Was und wer macht diese Einrichtung aus?
Der Don-Bosco-Club ist ein Zentrum für Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 27 Jahren. Mülheim ist ein engbebauter Stadtteil, der recht wenig Platz hat, wo Kinder ungestört und ungefährdet spielen können. Da ist es richtig schön so ein großes Haus, mit großem Außengelände zu haben. Wir haben eine riesige Fläche zur Verfügung, mit fast 1800 qm Innen- und 3500 qm Außenfläche, die wir nutzen können. Allerdings, die schönsten Flächen und Räume nützen nichts, wenn man keine Menschen hätte, die sich hier einbringen. Wir sind im Laufe der Zeit leider sehr geschrumpft. Wir haben hier zur Zeit drei hauptamtlich Tätige und glücklicher Weise zwei Ordensleute, die den Laden nichts kosten und viel an Arbeitszeit mit einbringen. Wir hätten aber alle nichts zu tun, wenn es nicht fast fünfzig ehrenamtliche Mitarbeiter gäbe, die sich hier engagieren. Ohne sie könnten wir eigentlich dicht machen.

In der Zeit vom 15. Juni bis zum 14. August habt ihr ein spezielles Sommerprogramm. Was gibt es zu dieser Zeit im Don – Bosco - Club zu erleben?
Die Öffnungszeiten sind dann Montag bis Freitag von 11.00 Uhr bis 21.00 Uhr und für Jugendliche ab 16 Jahren ab 18.00 Uhr. Das Gelände wird dementsprechend gestaltet. Unser großes Sportfeld wird in drei kleinere unterteilt. So möchten wir auch gern ein Beachvolleyballfeld errichten, wissen aber noch nicht, ob unsere finanziellen Mittel ausreichen. Außerdem wird es ein Extraprogramm, mit kleinen Ausflügen für wenig Geld geben, also 0,50 € oder gar nichts und diverse Workshops. Unterbrochen wird das ganze dann zwei Wochen, in denen wir eine Sommerfahrt auf Burg Waldeck im Hunsrück unternehmen. Mit dabei sind Kids ausm Veedel. Im Vorfeld haben wir Gelder gesammelt, um jedem die Möglichkeit zu geben mitzufahren.
Bei solchen Veranstaltungen wird die steigende finanzielle Begrenztheit schon spürbar. Es gibt einfach immer mehr Familien, die in Geldnöten stecken. Das ist unsere Erfahrung.

Was gibt es sonst für aktuelle Aktionen?
Am 28.05.09 wird im Domforum eine Ausstellung eröffnet, die heißt „Bewegend nah“, hierbei werden selbst gestaltete Türen, der Jugendeinrichtungen im Bistum Köln gezeigt, woran auch der Don- Bosco-
Club aktiv beteiligt ist. Außerdem haben wir ein interessantes Medienprojekt „I „C“ YOU“ mit tollen Portraitfotografien, welches wir in den Sommerferien fortführen. Hiermit und mit einem Film sind wir beim hiesigen Interkulturellen Jugendkunstfestival Mülheim (15. – 30. Juni) vertreten. Wir haben Koch- und Ernährungsangebote und bietet Computerlehrgänge an.

Ihr macht unwahrscheinlich viele Projekte mit den Kids und doch wird es immer schwerer, die Ideen auch zu realisieren. So steht gerade eine Aktion auf der Kippe, die sich mit Gewaltprävention bei Jugendlichen beschäftigt. Die Jugendkriminalität nimmt dramatisch zu und Kölner Jugendzentren haben kein Geld für Gewaltprävention. Wofür braucht ihr Hilfe?
Es geht um ein Kooperationsprojekt mit dem Jugendzentrum August- Bebel Haus am Rhein und dem Jugendzentrum in der Stegerwaldsiedlung, TeeNTown. Das ist ein gewaltpräventives Sportprojekt. Leider ist es so, dass es bis vor kurzem noch aus Mitteln des Stadtsanierungskonzeptes finanziert wurde und diese Position ist nun ganz weggebrochen. Das Projekt wollen wir unbedingt retten, weil es sich als eine sehr sinnvolle Sache erwies. Das Amt für Stadtentwicklung, war da immer sehr kooperativ und sie werden es auch weiter sein. Wir hoffen daher, dass nächstes Jahr wieder Gelder kommen. Nur im Moment müssen wir diese Lücke überbrücken. Momentan machen wir einfach mal weiter und hoffen, dass irgendwoher doch noch finanzielle Hilfe kommt.

Du bist im christlichen Glauben verwurzelt. Wenn du die Macht hättest, die Welt zu gestalten, was würdest du tun?
Das möchte ich gar nicht, das wäre eine Nummer zu groß für mich. Doch ich habe Wünsche, wie mir die Welt besser gefallen würde. Ich würde mir wünschen, dass die Menschen an viele Situationen gelassener rangehen und damit ganz allgemein auch ruhiger werden. Wenn ein vorurteilsloses Aufeinanderzugehen selbstverständlich und die Menschen toleranter wären, das fände ich schön. Dass nicht immer jemand zum Sündenbock gemacht wird und Schuld an allem sein soll. Egal wer das schlussendlich verursacht hat und warum das jetzt so ist. Wenn ich könnte würde ich das Geld abschaffen, da dies die Leute permanent überlastet und in Nöte bringt, die vielleicht so nicht da wären. Ich wäre wohl rigoros und würde die Medien begrenzen. Aber wahrscheinlich wäre es besser die Menschen stark zu machen, dass sie sehen, dass sie manche Sachen einfach nicht brauchen. Auch die Geschlechterproblematik würde ich auf die Tagesordnung setzen. Was kann man tun, dass dieser Teufelskreis unterbrochen wird. Dass es nicht normal ist, dass die Frau der Puschel für die Herrn Machos ist. Dann würde ich mir noch wünschen mehr Geschwindigkeit aus allem raus zu nehmen, weil dann doch vieles keine Beachtung mehr findet.

Was sind deine Pläne für die Zukunft und was wünschst du dir für dich persönlich?
Ich wünsche mir, dass ich noch lange beweglich im Kopf und somit noch lange im Kinder- und Jugendzentrum bleibe. Irgendwann muss man Platz machen für die jüngeren Kollegen. Daher möchte ich mich noch aufrecht in ein anderes Berufsfeld begeben und hoffe, dass ich nicht so ein alter Nörgler werde. Ich möchte gern bis ins Alter spannende Arbeiten machen. Zum Beispiel etwas praktisches, nützliches und längerfristiges mit Jugendlichen, die keine Arbeit haben. Zum Beispiel wäre es schön, was sinnvolles bleibendes für die Stadt zu machen. Soetwas hatten wir auch schon einmal, leider wurde uns dann die finanzielle Unterstützung
entzogen. Doch ich finde dies ein gutes Mittel, um ihnen zu zeigen, dass
man sich um seine nächste Umgebung kümmern kann und es wird dann auch ein bisschen netter im Viertel.

Vielen Dank für das nette Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei eurer Arbeit!

Nähere Informationen zum Don–Bosco–Club Köln Haus der offenen Tür e.V. Programm, Projekte und vieles mehr, finden Sie im Internet unter www.don-bosco-club.de Telefon: 0221 – 64708-55 oder schauen Sie doch einfach mal rein, in der Tiefentalstr. 38.

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