Wundertüte muss zum Quartalsende schließen
www.koeln-nachrichten.de vom 24.09.2010 berichtet:
Nichts ist so beständig wie der Wandel. Aber nicht zwangsläufig muss der Wandel immer etwas Positives haben. Wandel bedeutet auch Risiko und Verlust bzw. Trennung von bisherigen Routinen und Gegebenheiten. Der Fall der Südstadt-Kneipe „Wundertüte“ ist ein solcher Fall. Nach mehr als 32 Jahren und zahlreichen Veranstaltungen mit Kult-Status wird Wirtin Rosy Hagenmeier ihre Wirtschaft zum Quartalsende schließen müssen. Durch ihre Lage auf der Pfälzer Straße prägte die Kneipe das Leben in der südlichen Neustadt maßgeblich mit. Regelmäßige Konzerte und Veranstaltungen von und für die Kleinkunstszene in der Stadt sorgten für ein treues Stammpublikum und so manchen launigen Abend. Wer konnte und wollte, dürfte sich an dem fast noch bekannteren Kickertisch gegen die besten Protagonisten dieser Sportart messen.
Grund für das Ende der Kultkneipe ist eine Entscheidung des Vermieter. Der hatte nach langen Verhandlungen den Pachtvertrag mit der Wirtin nicht verlängert. Gleiches gilt auch für die darüber liegende Wohnung in der Pfälzer Straße. Hagenmeier, deren gesamte wirtschaftliche Existenz mit der Kneipe zusammenhing, reagierte enttäuscht. Nach rund 30 Jahren als Pächterin muss sie sich nun eine neue Bleibe suchen. Nach einer kurzen Zeit als Kellnerin übernahm Hagenmeier als Pächterin die Lokalität und schaffte mit zahlreichen Ideen neue Traditionen und damit einen beliebten Zufluchtsort für so manchem Anwohner des Viertels.
Zu den fast schon legendären Spezialitäten der Wundertüte gehörte die Karnevals-Tradition. Insgesamt 13 Jahre lang fand hier in Anlehnung an den Namen der Lokalität die so genannte „Wundersitzung“ statt. Monatliche Blues-Sessions oder Free-Jazz-Improvisationen sowie die regelmäßigen Rock- und Punkkonzerte zogen immer wieder geneigtes Publikum an und untermauerten den Status der Kneipe innerhalb der Kölner Künstler- und Musikerszene. Zu den Klassikern gehören dabei die ersten Live-Konzerte von Wolfgang Niedecken oder Julie Driscoll, die sich heute Julie Tippet nennt. Ebenfalls Kultstatus hatte eine andere Entscheidung des Kneipenmanagements. Welches Bier ausgeschenkt wurde, war Sache des Publikums. In einer demokratischen Entscheidung bestimmten die Gäste die Kölner Privatbrauerei Gaffel zu ihrem Haus- und Hoflieferanten.
Zum Ende der Kultkneipe will die Wirtin an jedem Abend ein Musikkonzert veranstalten. Am morgigen Samstag wird es die letzte Blues-Session in der Wundertüte geben. Der Ausschank in den letzten Tagen erfolgt übrigens im klassischen Pittermännchen.
Weitere Informationen, Hintergründe und ein Blick in die Vergangenheit der Kölner Kultkneipe bietet die Internetseite der Betreiber unter: www.wundertuete-online.de.