JAZZ AT LINCOLN CENTER ORCHESTRA WITH WYNTON MARSALIS

jazz nightsWynton Marsalis ist eine Marke. Einer der besten Trompeter des Jazz, ist er laut seinem
klassischen Kollegen Maurice André sogar »möglicherweise der größte Trompeter aller Zeiten.«
Gleichzeitig ist der neunfache Grammy-Gewinner und Pulitzer-Preisträger, der im Oktober dieses
Jahres seinen 60. Geburtstag feiert, der wohl rührigste Missionar des Jazz. Mit seinem ›Jazz At
Lincoln Center Orchestra‹, kurz JLCO, einer Naturgewalt im Big Band-Format, verfolgt Wynton
Marsalis »die Mission, eine globale Community für Jazz durch Auftritte, Bildung und Förderung
zu unterhalten, zu bereichern und zu erweitern«, wie es im offiziellen Pressetext des Ensembles
heißt. Ein hehres Ziel, dass Marsalis und seine fünfzehn exzellenten Musikerkollegen nicht nur
im Lincoln Center in New York City, sondern weltweit und mit immer wieder neuen Programmen
verfolgen – von Ellington über Miles und Monk bis Wayne Shorter, dazu Auftragskompositionen,
wie etwa Marsalis' passend zu den US-Wahlen veröffentlichter ›Democracy Suite‹. Gemeinsame
Konzerte mit Jazz-Stars aus der ganzen Welt, von Chucho Valdés aus Kuba über Hamilton de
Hollanda aus Brasilien, dem Sachal Jazz Ensemble aus Pakistan und vielen europäischen
Musiker*innen, wie etwa Richard Galliano oder Stefano DiBattista, stehen außerdem auf dem
Programm. Der Erfolg beim Publikum ist dem Orchester sicher, weil die Musiker neben
Virtuosität und Versatilität auch mit der gehörigen Energie und der nötigen Spielfreude an ihre
gute Sache gehen. Der Funke springt über, von der ersten Ansage bis zur letzten Zugabe.

Nach Wynton Kelly benannt, einem Lieblingspianisten für sowohl Miles Davis als auch John
Coltrane, fand Wynton Marsalis seine Berufung schon früh in der Traditionspflege. Kein Wunder,
war sein Vater Ellis nicht nur ein gefragter Pianist in New Orleans, sondern ab Mitte der
Siebzigerjahre vor allem ein berufener Musikpädagoge, der Wynton und einige seiner fünf
Brüder – den älteren Branford und die jüngeren Delfeayo und Jason – in den Spirit des Swing und
die Kunst der Fuge einführte. Er gab alles, so Bruder Branford, »um das Beste aus uns
herauszuholen.« Nach dem Motto »Wir unterrichten nicht Jazz, wir unterrichten Schüler*innen«
bildete Marsalis Senior auch Größen wie Harry Connick. Jr., Terence Blanchard oder Nicholas
Payton aus. Überflieger Wynton studierte zunächst als Teenager an der Juilliard School of Music
in New York, bevor er mit 18 an eine der wichtigsten Jazz-Universitäten wechselte: Art Blakey's
Jazz Messengers. 1982 erschien sein gefeiertes Debüt als Leader, einerseits mit Miles Davis'
legendärer Rhythm-Section der Sechzigerjahre, also Herbie Hancock, Ron Carter und Tony
Williams, andererseits mit ›Young Lions‹ wie seinem Bruder Branford Marsalis am Saxofon, dem
Pianisten Kenny Kirkland und dem Schlagzeuger Jeff »Tain« Watts. »Ich möchte die Öffentlichkeit
dazu bringen, die wahre Bedeutung und Schönheit der Musik zu verstehen«, wurde Wynton
damals in den Liner Notes zitiert, »nicht indem ich sie verwässere, aber indem ich an einen Ort
in meiner Kunst komme, an dem allen, die zuhören, klar wird, dass ich einer großen Tradition
entstamme.«

Dem internationalen Erfolg dieses Albums folgte eine nahezu umgehende Lagerspaltung. Im
einen fanden sich die Bewunderer*innen, wie etwa der Kritiker und Jazz-Professor Stanley
Crounch oder auch Joachim-Ernst Berendt, der meinte »seit Dizzy Gillespie ist die Trompete im
Jazz nicht mehr mit einer solch luziden instrumental-technischen Meisterschaft geblasen
worden«. Gegenüber fanden sich diejenigen, etwa Keith Jarrett oder dessen Biograf Wolfgang
Sandner, die sich schon von seinen Brooks-Brothers-Anzügen und der reinen Lehre des Swing
angegriffen fühlten. Sahen sie ihre elektrisierten bis avantgardistischen Felle wegschwimmen?
War es Neid auf den Erfolg dieses fantastisch musizierenden Emporkömmlings, eine Art
»Entthronungskomplex«? Inzwischen haben sich die Wogen geglättet – und es geht wieder
vornehmlich um die Musik.

Seit 1995 leitet Wynton Marsalis als musikalischer Leiter die Geschicke des Jazz am Lincoln
Center. Das Center produziert in seiner Heimat in New York City und auf der ganzen Welt in jeder
Saison Tausende von Aufführungen, dazu Bildungs-Programme und Radiosendungen für
Menschen jeden Alters. Mehr als ein Drittel des Jahres ist Wynton Marsalis mit dem JLCO, das
heute aus fünfzehn der besten Jazzsolisten und Ensemblespielern der USA besteht, unterwegs.
Neben Marsalis glänzen dabei etablierte Leader wie Ryan Kisor und Marcus Printup, beide
Trompete, Sherman Irby an allerhand Saxofonen, dazu Flöte und Klarinette, oder Victor Goines,
Saxofone und Klarinetten. Wenn dieses Spitzenteam jetzt im Oktober 2021 endlich wieder durch
Deutschland tourt, kommt damit auch eine gehörige Portion lebendiger, amerikanischer Jazz-
Tradition in unsere Konzertsäle. Wie Wynton Marsalis zu sagen pflegt, wenn er an sein Orchester
übergibt: ›Take it away.‹

Tickets: 040 413 22 60 // www.kj.de// tickets@kj.de