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40 Jahre Galerie Koppelmann "Manfred Bockelmann - Yes, we have done it!“

Pressetext Jubilaum GalerieKoppelmannAm 9. November 2019 feierte die Galerie Koppelmann ihr 40-jähriges Jubiläum. 1979, auf den Tag genau, eröffnete die Galerie in der Hauptstr. 75 in Leverkusen mit Werken des Künstlers Manfred Bockelmann. Die Ausstellung „Landschaften“ markiert den Beginn einer langen Galerie Tätigkeit, die immer für besondere und sehr individuelle Künstlerpersönlichkeiten eintrat und über die Jahre auch öffentliche Kontroversen nicht scheute.

Mit dem Umzug nach Köln fand Ingrid Koppelmann einen festen Platz in der gerade aufstrebenden rheinischen Kunstmetropole. Als überhaupt erst 12. Galerie der Stadt setzte sie von Anfang an wichtige Akzente. Die Ausstellung „PARIS 59“ eröffnete am 15. April 1982 die Räumlichkeiten am Friesenplatz. Die Schau vereinte erstmals wichtige Künstler des Informel, wie Fautrier, Hartung, Lataster, Manessier, Miotte, Poliakoff, Soulages und Tapies, die zur damaligen Zeit in Deutschland in Vergessenheit geraten waren. Der Ausstellungskatalog gilt heute als Standardwerk.

Die Künstler*innen der Galerie Koppelmann, allen voran Botond, Herbert Falken, Thomas Gatzemeier, Peter Gilles, Gottfried Helnwein, Birgit Kahle, Ger Lataster und Jean Miotte, Jürgen Vogdt, bilden jeder für sich einen individuellen Kosmos, gemeinsam ist Ihnen aber jeweils ihre Kompromisslosigkeit in Ausdruck, Expression und Enrgie sei es in ihren Skulpturen, in der Malerei und bei ihren Performances.

Ein zentraler Punkt der Galeriearbeit Ingrid Koppelmanns war stets die kritische Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Themen: „Schlachtfeld“ brachte 1988 die Künstler*Innen Gilles, Iseli, Kahle, Knaupp und Uecker zusammen. In „Von Wannsee bis Potsdam“ thematisierte Ger Lataster 1987 den Holocaust. Gottfried Helnwein rief 1988 mit der Ausstellung „Neunter November Nacht“ den Nazi-Terror ins kollektive Gedächtnis. Bis heute tourt diese Ausstellung weltweit. Die Ausstellung „48 Portraits“ aus dem Jahr 1991 setzte sich auf ganz individuelle Art mit dem zeitgenössischen Kunstmarkt auseinander: Als Antwort auf Gerhard Richters Präsentation von „48 Geistesgrößen“ im Museum Ludwig, die allesamt männlich waren, zeigte sie 48 Portraits weiblicher Geistesgrößen aus der Hand von Gottfried Helnwein – Beginnend mit Erika Fuchs und Milena Einstein, über Rosa Luxemburg bis Astrid Lindgren.

Die Galerie Koppelmann präsentierte sich über lange Jahre regelmäßig auf der Art Cologne. Vielfach ermöglichten Förderkojen noch unbekannten Künstler*innen die Präsentation auf der Kunstmesse. Dazu zählten Thomas Gatzemeier, Blalla W. Hallmann, Birgit Kahle, Peter Gilles, Rainer Plum und Elisabeth Vary.

Nach 10 Jahren Galerie Koppelmann am Friesenplatz, führte Ingrid Koppelmann ihre Arbeit als Chapel Art Center (benannt nach dem stilisierten, kirchenartigen Glasbau an der Jülicher Straße in Köln) gemeinsam mit ihrer Partnerin Dorothea Keeser fort. An gleich zwei Standorten, in Köln und in Hamburg in der Bebelallee, setzte Ingrid Koppelmann so erfolgreich ihre Ausstellungstätigkeit fort. Hier etablierte sie vor allem themenorientierte Konzepte und Grenzüberschreitungen zwischen bildender und darstellender Kunst, Literatur und Musik. Anlässlich des 90. Geburtstages von Victor Vasarely im Jahr 1996 war das Chapel Art Center die einzige Galerie, die das Werk des Op-Art-Mitbegründers mit einer Jubiläumsausstellung würdigte. Die Gruppenschau „Heroes – ‚James Dean meets Marlene D.’“ brachte mit Werken von Gottfried Helnwein, Mimmo Rotella und Serge III namhafte Künstler zusammen und erörterte gleichsam die Rolle von Held*innen und Prozesse der Mythenbildung in der Kunst. Die außergewöhnliche Kooperation zwischen dem spanischen Schriftsteller Fernando Arrabal (Cervantes-Preisträger) und dem Informel-Künstler Jean Miotte mündete in der Ausstellung „Dialogues“. Darüber hinaus war das Chapel Art Center auf den Messen ARCO Madrid, Art Frankfurt, Art Cologne, art multiple Düsseldorf sowie Internationale Photoszene Köln vertreten.

Seit 2008 ist die Galerie Koppelmann wieder ausschließlich in Köln angesiedelt. Unter kuratorischer Leitung von Janine Koppelmann wird das Programm der Galerie – nun mit dem Zusatz Kunstwerk Nippes – in der Baudristraße 5 weitergeführt. Der neue Galeriestandort, der dieses Jahr sein 11-jähriges Bestehen feiert, bietet Raum für Experimente und einzigartige Projekte unter der Leitung der beiden Galeristinnen. Die Eröffnungsausstellung in den neuen Räumen war eine Vorwegnahme des heutigen „Sharing“-Gedanken: Die Besucher*Innen traten in die noch leeren Galerieräume und füllten sie nach und nach mit Liebligsstücken aus ihren Sammlungen und die geladenen Künstler mit Werken, die sie anlässlich des Ereignisses geschaffen hatten. Kollaboration, Kreativität und Lust an Grenzüberschreitungen, standen also mit diesem Eröffnungsstatement wieder zentral auf dem Programm.

Den nächsten Höhepunkt stellt eine Installation des ungarsichen Künstlers Botond dar: An Gründonnerstag 2009 bildete er Da Vinci’s weltberühmtes Fresko des letzten Abendmahls in den Galerieräumen nach. Neun großflächige LKW-Planen vereinen als
Wandteppiche den historischen Gegenstand mit der heutigen Lebenswelt und formen gleichzeitig ein begehbares Raumbild. So werden die Betrachter*innen zu Teil Teilnehmern den Abendmahls. 2012 wurde die Werkgruppe im Modem Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Debrecen, Ungarn, als Einzelausstellung mit dem Titel „A Vacsora – Das Abendmahl – The Supper“ präsentiert (dazu erschien ein aufwendiger Katalog in ungarischer und englischer Sprache ).

Seit 2011 ist die Galerie Koppelmann – Kunstwerk Nippes zusätzlich in der ungarischen Hauptstadt Budapest vertreten. Sowohl in Kooperationen, als auch in Eigenregie zeigen die beiden Galeristinnen Janine und Ingrid Koppelmann Ausstellungen, u.a. die dreiteilige Reihe „Csatatér – Schlachtfeld“, die im Anschluss auch in Köln präsentiert wurde.

Gerne suchten die beiden Galeristinnen mit ihren Ausstellungen auch ungewöhnliche Orte auf. Mit „Pimp the Timp Volume I und II“ zeigten sie gleich zwei Mal im ehemaligen Travestie-Etablissement „Hotel Timp“ am Kölner Heumarkt gemeinsam mit den Galerien Lichtblick und FENZkunstraum avantgardistische Fotografie. Oder sie sprengten das Zeitgefüge klassischer Ausstellungskonzepte, wie in „sharing 576h“. Hier entstand ununterbrochen 24 Tage lang ein performativer Kosmos, der für die Performer*innen des Aktionslabors Paersche an allen Tagen rund um die Uhr individuellen künstlerischen Aktionsfläche bot. Die Performances waren Tag und Nacht im Online- Livestream zu sehen.

Ihr 40-jähriges Gesamtjubiläum und ihr 11-jähriges Bestehen in Nippes feiert die Galerie Koppelmann mit der Ausstellung „Yes, we have done it!“ des österreichischen Künstlers Manfred Bockelmann. Auf den Tag genau 40 Jahre nach der Eröffnungsausstellung mit ihm, wird ihm erneut eine Ausstellung gewidmet, denn seine aktuelle Arbeit symbolisiert auf besondere Weise, die Entwicklung die sowohl er als Künstler, wie die beiden Galeristinnen mit ihrer Ausstellungsarbeit genommen haben, hin zu einer starken politischen und gesellschaftskritischen Positionierung. „Yes, we have done it!“ setzt sich mit der Entwicklung der Atombombe durch die Wissenschaftler um Robert J. Oppenheimer auseinander. Ein Thema, dass angesichts eines neuentfachten kalten Krieges, eine erschreckende Aktualität erhält. Den Anstoß zu seiner Auseinandersetzung gab Manfred Bockelmann die US-amerikanische Aufkündigung des INF Vertrages (Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty) im August dieses Jahres – dadurch rückt ein erneutes nukleares Wettrüsten zwischen den USA und Russland in erschreckende Nähe.

Bereits 2017 besuchte der Künstler das Bradbury Science Museum in Los Alamos, New Mexiko, unweit von dem Ort, an welchem am 16. Juli 1945 die erste Atombombe zur Detonation gebracht wurde. Nach dem der Test erfolgreich beendet war, hingen die berühmt berüchtigten Techniker und Physiker ihre Labormäntel ganz selbstverständlich an die Wand ihrer Umkleide, ihre Arbeit war ja vollendet. Dieser eigentlich banale Vorgang verkörpert für den Künstler den unbegreiflichen Rahmen menschlichen Handelns, bedeutet ihre Erfindung doch den Anfang einer Entwicklung hin zu einem möglichen zigfachen Overkill der gesamten Menschheit.

Das unschuldige Weiß der Kittel, in Kohle auf Leinwand, trifft in der Rauminstallation auf die Videoaufnahme von Robert Oppenheimer und seine Worte: „I am become death, destroyer of worlds.“ Manfred Bockelmanns künstlerische Auseinandersetzung mit diesem menschgemachten aus der wissenschaftlichen Neugier erwachsenen Vernichtungspotenzial, erinnert, mahnt und appelliert an die Verantwortung einer und eines jeden Einzelnen.

Unter dem Titel „Yes, we have done it. Los Alamos –The Manhatten Project“ wird noch bis zum 23. November eine weitere Version der Installation auf der Biennale del Arte 2019 in Venedig im Palazzo Bembo des European Culture Center gezeigt.

Der österreichische Künstler Manfred Bockelmann, geboren 1943 in Klagenfurt, zeichnet sich seit Beginn seiner Karriere durch das feinfühlige Abstrahieren von Stimmungen, Ereignissen und Gefühlslagen seiner Umwelt aus. Früh begann der gelernte Frescenmaler und Fotograf großformatige Landschaftsansichten zu fertigen. Doch unpolitisch war er nie. Seit 2010 befasst sich Bockelmann mit seiner Vergangenheit und dem Schicksal einer gesamten Generation, die nicht zu den glücklichen Überlebenden des Zweiten Weltkrieges zählt, sondern im Holocaust ermordet wurde. “Zeichnen gegen das Vergessen” ist Projekt und Prozess zugleich: In schwarzer Kohle auf grober Jute porträtiert er Kinder und Jugendliche, die zwischen 1941 und 1945 ihr Leben in den Konzentrations- und Vernichtungslagern lassen mussten. Ohne das individuelle Leid zur Schau zur stellen, zeigt Bockelmann ganz subtil die Gesichter der Opfer, ihre unschuldige Schönheit – als Mahnmal gegen die Schande und das Vergessen.

Manfred Bockelmann „Yes, we have done it!“

Ausstellungsdauer bis zum 01.02.2020
Öffnungszeiten: Do. - Fr. 15 - 19 Uhr & Sa. 11

Galerie Koppelmann - Kunstwerk Nippes
Baudristr. 5
50733 Köln

www.galeriekoppelmann.com

Foto: Manfred Bockelmann_Yes we have done it!_2019_Mixed Media